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Artikel von 2012_Ergänzung zum aktuellen realist Magazin

Von RLV-BW, (Kommentare: 0)

Baden-Württemberg ohne Realschule?
Wie eine erfolgreiche Schulart abgewickelt werden soll (2012)


Mit Beginn dieses Schuljahres ist die Gemeinschaftsschule an über vierzig Standorten gestartet. Das Kultusministerium will die Gemeinschaftsschule flächendeckend in Baden-Württemberg einführen, sie soll die künftige Regelschule werden. Was zunächst als langsamer Prozess angekündigt wurde (die Ministerin betont immer wieder, dass niemand die Realschule abschaffen möchte, die Einführung der Gemeinschaftsschule sei lediglich eine Weiterentwicklung des Schulsystems), scheint immer mehr an Fahrt zu gewinnen. Deutlich die Äußerungen des Ministerpräsidenten, der in diesem Sommer davon sprach, dass Baden-Württemberg künftig ein zweigliedriges Schulsystem haben werde. Neben den Gymnasien habe lediglich die Gemeinschaftsschule eine Existenzberechtigung.
Sehr klar hat sich der Gemeinde- und Städtetag positioniert. In seinen Stellungnahmen spricht er sich eindeutig für ein zweigliedriges System in unserem Land aus. Die Stadt Esslingen geht hier noch weiter, indem sie die Realschulen bis 2020 abwickeln möchte, spätestens bis dahin soll es in Esslingen keine Realschulen mehr geben, nur noch Gemeinschaftsschulen und Gymnasien. Die Bildungspolitik ist im Gemeinderat angekommen.
Alles scheint gegen die Schulart Realschule gerichtet zu sein, folgt man den Ausführungen der politisch handelnden Personen, steht die Realschule in Baden-Württemberg vor dem Aus. Warum ist das so? Gibt es im Bezug auf diese Schulart eine „Abstimmung mit den Fü-ßen“? Laufen uns die Schülerinnen und Schüler davon? Nutzen die Eltern den Wegfall der verbindlichen Grundschulempfehlung um ihre Kinder massenhaft am Gymnasium anzumelden? Finden unsere Absolventen keine Ausbildungsplätze? Bedeutet die mittlere Reife das Ende des schulischen Werdegangs, weil passende Anschlüsse fehlen?
Wir wissen, all diese Fragen können wir Realschullehrerinnen und Realschullehrer und letztlich die Eltern und vor allem unsere Schüler eindeutig mit „Nein“ beantworten.
Abschaffen trotz eines beispiellosen Erfolges?
Die Realschule ist seit Jahren eine beliebte und erfolgreiche Schulart, die bei allen Beteiligten großes Ansehen genießt. Die hohen Übergangszahlen von der Grundschule beweisen dies. Selbst vor dem Wegfall der verbindlichen Grundschulempfehlung besuchten durch-schnittlich rund 20% der Schüler mit einer Gymnasialempfehlung die Realschule. An manchen Standorten sind diese Quoten noch weit höher, nicht selten hatten und haben bis zu 40% der Schülerinnen und Schüler eine Gymnasialempfehlung. Ein eindrucksvoller Beleg für das Ansehen der Realschulbildung in Baden-Württemberg, die mit ihren breiten inhaltlichen Angeboten den Schülerinnen und Schüler ganz hervorragende Startmöglichkeiten in den Beruf bietet, sei es im dualen System oder in der Vorbereitung auf weiterführende Schulen.
Bereits die Hälfte der Hochschulreife in unserem Bundesland wird über den Weg der mittleren Reife erworben. Die Realschule bildet nicht nur die stabile und gesunde Mitte unseres Bildungssystems, das jeder Begabung vielfältige Möglichkeiten bietet, sie stärkt auch die Mitte unserer Gesellschaft. Baden-Württemberg wurde nicht zuletzt durch den Fleiß und das Können seiner Facharbeiterinnen und Facharbeiter über Jahre zum erfolgreichsten Bundesland. Mag man in Bayern heute den Länderfinanzausgleich kritisch sehen, sei daran erinnert, dass es Zeiten gab, in denen Baden-Württemberg diesen Länderfinanzausgleich alleine schulterte, Bayern gehörte damals noch zu den Empfängern, von Ländern, deren Schulsystem unsere Landesregierung gerade zu kopieren scheint, ganz zu schweigen.
Diese erfolgreiche Schulart soll nun in den nächsten Jahren (wie schnell, darüber scheinen sich die Ministerin und der Ministerpräsident noch nicht einig zu sein) durch die Gemeinschaftsschule ersetzt werden. Welche Gründe stecken dahinter?
Aus Sicht des Städtetages ist die Begründung klar. Es geht schlicht um Geld. Anstatt die demographische Entwicklung zur Schaffung kleinerer Schuleinheiten zu nutzen (häufig wird von Politikern auf Finnland verwiesen, dabei jedoch übersehen, dass gerade Finnland über-wiegend aus kleinen Schulstandorten besteht), wird der Rückgang der Schülerzahlen als Hauptargument dafür genutzt die Schulstruktur zu „verschlanken“. In Wirklichkeit ist dahinter der (durchaus verständliche) Wunsch der Kommunen zu erkennen ein möglichst breites Bildungsangebot zu besitzen, wenn man sich schon nicht drei Schularten im Ort leisten kann, so kann man vielleicht zwei Gebäude unterhalten. Die Pädagogik wird so immer mehr vom Stadtkämmerer betrieben. Gebäudeerhalt steht vor Bildungsinhalt. Die Finanzlage der Städte und Gemeinden genießt höhere Priorität als ein differenziertes Bildungsangebot, das Baden-Württemberg zu großem Erfolg geführt hat. Eindrucksvoll bestätigen dies immer wieder die geringen Zahlen von jungen Arbeitslosen, auch hat Baden-Württemberg die höchste Zahl an Jugendlichen mit Schulabschluss. Kein anderes Bundesland, vor allem nicht diejenigen mit einem Gesamtschulsystem, kommt an diese Quoten heran, aber dies scheint keine Bedeutung zu haben, da ja, wie gesagt, für die Kommunen lediglich die Finanzlage eine Rolle spielt. Auch kein anderes Land der OECD kann diese Erfolgsbilanz aufzeigen. Dies wird jedoch in der aktuellen OECD-Studie „Bildung auf einen Blick“ in das Gegenteil verkehrt. Vielleicht wäre es deshalb folgerichtig, die Schulart Gymnasium auch einzusparen. Ein Gebäude wäre noch preiswerter und man könnte das eingesparte Geld mit voller Wucht für Prestigebauten ausgeben!
Schmiedels Wortbruch
Die SPD als jetzige Regierungspartei hatte vor der Landtagswahl in einem Positionspapier vom 7. Januar 2011 die Situation der Realschule beklagt. So wird Fraktionschef Claus Schmiedel darin mit dem Satz zitiert, „Die SPD wird die große Benachteiligung der Realschü-
ler, die von Schwarz-Gelb betrieben wurde, beenden.“ Weiter hieß es in dem Papier (vor der Wahl), dass die SPD als künftige Regierungspartei dafür sorgen wolle, dass die Realschüler endlich zu ihrem Recht kämen. Wie sah es damit nach der Wahl aus?
Bei einem kurzfristig anberaumten Bildungsgipfel erläuterte die Ministerin im November 2011 die geplanten Maßnahmen des Kultusministeriums, bei der Powerpoint gestützten Präsenta-tion gab es, wie unsere Landesvorsitzende, Irmtrud Dethleffs-Niess, in einer Pressemittei-lung betonte, nicht eine Folie zur Realschule. Anfang dieses Jahres beklagte die Ministerin mittels einer Presseerklärung, dass rund 20% der Schüler trotz Gymnasialempfehlung eine Realschule besuchen würden, dies sei eine Vergeudung von Talenten!
Versteht die SPD darunter, dass die Realschüler nach der Wahl zu ihrem Recht kämen? Immerhin im April 2012 würdigt Gabrielle Warminski-Leitheußer die hohe Qualität der Real-schulbildung, indem sie sagte: „Unsere Realschulabsolventen sind gefragte Kräfte in Indust-rie, Handel, Handwerk und bei Dienstleistern. Sie tragen damit wesentlich zur Zukunftsfähig-keit unseres Landes bei.“ Eine bedarfsgerechte Ausstattung der Realschulen hat sich daraus aber nicht ergeben, die von der SPD (vor der Wahl) festgestellte Benachteiligung der Real-schulen durch Schwarz-Gelb setzt Grün-Rot (nach der Wahl) nahtlos fort. Die begonnenen Fördermaßnahmen (die Stunden dafür wurden übrigens nicht zusätzlich geschaffen, sondern kommen aus einem anderen Topf der Realschule, sie wurden der Realschule also nicht zu-sätzlich gegeben, sondern an anderer Stelle entfernt, man könnte eine solche Maßnahme fast zynisch nennen) sind, so auch in der Pressemitteilung der RLV-Landesvorsitzenden vom 7. September 2012 zu lesen, „nicht einmal ein Tropfen auf den heißen Stein“. Obwohl die Ministerin weiß und dies auch immer wieder betont, dass die Schülerschaft an den Real-schulen immer heterogener werde und deshalb zusätzlichen Förderbedarf benötige, reagiert das Ministerium nicht angemessen. Warum auch, schließlich hat man durch den Wegfall der verbindlichen Grundschulempfehlung diese Entwicklung selbst beschleunigt, Fragen nach zusätzlicher Förderung entgegnet die Ministerin (wie bei Veranstaltungen in Nagold und Al-tensteig) mit dem Hinweis, die Realschulen könnten ja gerne Gemeinschaftsschule werden, dann bekämen sie die Förderstunden. Das versteht man in der SPD also darunter, dass die Realschulen zu ihrem Recht kämen! Werdet Gemeinschaftsschule und ihr erhaltet eure Aus-stattung!
Gleich nach der Landtagswahl begann das Kultusministerium massiv damit den Umbau des Schulsystems zu betreiben. Auch organisatorisch wurde das Ministerium so gestaltet, dass mit der neu geschaffenen Stabsstelle die Einführung der Gemeinschaftsschule schnell zu erreichen ist. Die neue Schulart soll auf mittlere Sicht die bestehenden Haupt- und Werkreal-schulen ersetzen, aus diesem Grund hat man auch die verbindliche Grundschulempfehlung abgeschafft, sodass man zum Ende des vergangenen Schuljahres öffentlich den Rückgang der Schülerzahlen an diesen Schulen beklagen konnte. Dadurch kamen die Gemeinden
noch mehr unter Druck die neue Schulart einzuführen, um als Schulstandort erhalten zu bleiben. Das Kultusministerium bietet den Gemeinden dafür das Allheilmittel – die Gemeinschaftsschule!
Bildungsgerechtigkeit
Die Gemeinschaftsschule soll zu mehr Bildungsgerechtigkeit führen, ein gegliedertes Schul-system sei per se ungerecht. Norbert Zeller, der Leiter der Stabsstelle im Kultusministerium, bezeichnet das bisherige dreigliedrige System gerne als Relikt der Ständegesellschaft, die Gemeinschaftsschule sei dessen Überwindung. Noch deutlicher wird das Kultusministerium in einer Werbekampagne für die Gemeinschaftsschule (Kosten: 120 000 Euro), darin wird das gegliederte Schulwesen als „Schwarz-Weiß-Denken“ bezeichnet.
Die Gemeinschaftsschule kennt keine festen, verlässlichen Klassenverbände mehr, hetero-gene Lerngruppen ersetzen die Klasse. Das Lernen soll größtenteils selbst organisiert, Leh-rer nur noch „Lernbegleiter“ sein und die Schüler ausschließlich individuell gefördert werden, mittelfristig sind Noten durch Kompetenzraster zu ersetzen, das „Sitzen bleiben“ wird abge-schafft werden. Willkommen in der neuen Welt der gerechten, durch individuelle Förderung immer erfolgreich zum Abschluss führenden Einheitsschule! Übrigens, sollte die Gemein-schaftsschule scheitern, weiß man im Kultusministerium schon wer daran schuld ist. Bei ei-ner Veranstaltung des Landeselternbeirates und der Elternstiftung Baden-Württemberg am 19. November 2011 sagte Norbert Zeller auf die Frage aus dem Publikum, worin er bei der Einführung der neuen Schulart ein Risiko erkennen könnte, dass er das einzige Risiko darin sähe, dass die Lehrerinnen und Lehrer das neue pädagogische Konzept nicht mittragen würden!
Im Gegensatz zum Städtetag sind hier die Gründe für die Einführung der Gemeinschafts-schule in erster Linie ideologische. Die Mehrgliedrigkeit bedeutet im Verständnis dieser Ideo-logie nicht Ausrichtung an den vielfältigen und unterschiedlichen Talenten der Schülerinnen und Schüler, sondern ist Ausdruck einer „Sortierwut“ und ist letztlich „ungerecht“. Erst wenn alle Schüler die gleiche Schule besuchen (wobei gerade die Grünen natürlich das Gymnasi-um und vor allem Privatschulen erhalten wollen) entsteht eine gerechte Gesellschaft, so heißt es in einer Pressemitteilung des Ministeriums vom 14. September 2012, dass mit dem Start der Gemeinschaftsschule die soziale Gerechtigkeit im Bildungswesen voran gebracht werde.
Schwächen
Wozu führt eine „Einheitsschule“? Die Ministerin sprach in einem Interview mit der Rhein-Neckar-Zeitung vom 10. März 2012 davon, dass Baden-Württemberg „nach wie vor Schwä-chen im internationalen Vergleich habe.“ Welche Schwächen sie meinte, führte sie nicht aus.
Hohe Jugendarbeitslosigkeit? Zu wenige Schüler ohne Schulabschluss? Sind deutsche Schüler in ihrer Schule unglücklich (Finnland rangiert bei einer WHO-Studie 2004 beim The-ma „Freude in der Schule“ auf dem letzten Platz, Deutschland belegt hier vordere Plätze). Gerne werden von den Propagandisten der Einheitsschule die skandinavischen Länder ge-nannt, wenn es um schulische Erfolgsmodelle geht. Aber selbst die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung kommt 2008 in ihrer Studie „Eine Schule für alle – verschläft das schwedische Erfolgsmodell seinen Innovationsvorsprung?“ zu einer ernüchternden Bilanz. Kernfächer kämen zu kurz, das Leistungsprinzip würde vernachlässigt, gerade die Integration von Mig-ranten sei in vielen Fällen drastisch gescheitert.
Immer wieder gerne wird auch auf die PISA-Studie verwiesen, die beweise, dass das geglie-derte Schulsystem ungerecht sei, da es sozial nicht durchlässig wäre. PISA untersucht fünf-zehnjährige Schüler, über ihren späteren Weg (z.B. Facharbeiterausbildung, anschließend Studium oder der Weg über die Realschule zum Abitur) kann PISA also gar nichts aussagen. Wie schon erwähnt erwirbt die Hälfte der Abiturienten in Baden-Württemberg ihre Hochschul-reife nicht über das allgemein bildende Gymnasium. Im Vergleich zu allen anderen Ländern bieten sich in Deutschland, besonders aber in Baden-Württemberg vielfältige individuelle Möglichkeiten seinen schulischen Erfolg zu haben.
Was würde Baden-Württemberg verlieren, wenn die Einheitsschule die Realschule dauerhaft ersetzt? Um diese Frage zu beantworten, lohnt sich tatsächlich ein nationaler und internatio-naler Vergleich. Wer Gemeinschaftsschulen hat, schließt bei Leistungsvergleichen schlech-ter ab. Gesamtschüler der 10. Klasse in Nordrhein-Westfalen liegen im Vergleich zu Real-schülern um zwei Jahre zurück. International liegt Deutschland vor den meisten Gesamt-schulländern, vor allem die Ergebnisse aus Bayern und Baden-Württemberg sorgen dafür.
Zukunftsperspektiven
Neben diesem Leistungsverlust droht bei der flächendeckenden Einführung der Gemein-schaftsschule noch eine weitere gravierende Veränderung. Mit Einführung der Einheitsschu-le leistet das Kultusministerium einer Privatisierung der Schule Vorschub. Gerade die Ab-schaffung der Realschule könnte zu einer (vom Leiter der Stabsstelle im KM ja wohl kaum gewollten) „Bildungs-Ständegesellschaft“ führen. Alle Länder mit einer Einheitsschule verfü-gen über ein breit aufgestelltes, im Gegensatz zu den staatlichen Schulen leistungsorientier-tes Privatschulsystem. Eltern, die es sich finanziell leisten können, schicken ihre Kinder auf diese Schulen. Dem Mittelstand und den einkommensschwachen Schichten bleibt dieser Weg in der Regel versperrt. Ein Blick auf Länder wie Großbritannien, Frankreich oder die USA genügt. In Frankreich gehören seit Jahren nur die Privatschulen zu den besten des Landes. Selbst das Abitur an einer staatlichen Schule reicht in unserem Nachbarland kaum aus um eine Universität zu besuchen.
Diese Entwicklung hin zu einem starken Privatschulsystem verläuft recht schnell. Schon der Wegfall der verbindlichen Grundschulempfehlung beschleunigt dies. Der Schulleiter einer privaten Realschule äußerte sich so zu den Grundschulempfehlungen: „Selbstverständlich lasse ich mir die Empfehlung zeigen, ohne mindestens Realschulempfehlung kommt kein Schüler auf meine Schule.“ An den staatlichen Realschulen dürfen die Empfehlungen nicht einmal mehr eingesehen werden! So stärkt man leistungsorientierte Privatschulen und be-ginnt ein gutes staatliches System zu unterwandern, hier die Schulen für die Reichen, auf der anderen Seite die Einheitsschulen für z.B. den Mittelstand, der sich ein hohes Schulgeld nicht leisten kann. Das ist in der Tat nicht nur sozial höchst ungerecht, sondern wird mittel-fristig den Wohlstand unseres Landes gefährden. Natürlich haben viele Länder, die eine Einheitsschule besitzen (z.B. Finnland, Spanien, Frankreich) nicht nur wegen ihrer schulischen Strukturprobleme seit Jahren eine extreme hohe Jugendarbeitslosigkeit, aber es ist eben auch eine nicht zu leugnende Tatsache, dass es sich in diesen Ländern so verhält. Einheits-schulen jedenfalls haben diesen Ländern offensichtlich keinen wirtschaftlichen Vorteil ge-bracht.
Sollte das Kultusministerium seinen Weg in Kumpanei mit dem Städtetag wie bisher fortset-zen steht am Ende eine Privatisierungswelle des Schulsystems an. Besonders private Real-schulen werden verstärkt auf den Markt kommen. Die vielfältige und über Jahre erfolgreiche Pädagogik und Didaktik der Realschule, die theoretisches Wissen immer mit Praxisbezug vermittelte, Leistungsbereitschaft mit Herzensbildung zu verbinden suchte, wird nicht unter-gehen, sie wird sich andere Strukturen suchen und sie wird sie finden – in einer Vielzahl von privaten Schulen!
Alternativen
Man könnte dies auch in Zeiten des demographischen Wandels verhindern, wenn es poli-tisch und ideologisch opportun wäre. In vielen Orten könnten Verbundsschulen zukunftsfähi-ge Schulstrukturen bilden. Anstatt mit ungeheuren Kosten eine neue Schulart einzuführen, die sowohl national als auch international jeglichen Beweis ihres Erfolges schuldig geblieben ist, könnten die bestehenden Schularten bedarfsgerecht gefördert werden. Ohne finanzielle Mühen wären kleinere Klassen zu schaffen, Ganztagesbetreuung (wenn gewünscht) möglich. Arbeitsgemeinschaften und Projekte am Nachmittag zur individuellen Förderung der Schülerinnen und Schüler wünschenswert – für alle Schularten, nicht nur für ideologisch gewünschte Schulen, eben so, wie es die SPD vor der Wahl gesagt hatte, die Realschüler kämen nach der Wahl endlich zu ihrem Recht!
Ralf Merkle
Bezirksvorsitzender Nordbaden

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Weichenstellungen im Bildungssystem – Abstellgleis für die Realschule?

Von RLV-BW, (Kommentare: 0)

Stuttgart, 8. Mai 2024

Weichenstellungen im Bildungssystem – Abstellgleis für die Realschule?

In der vergangenen Woche hat Ministerpräsident Kretschmann in einer Regierungserklärung über die umfangreichen Weichenstellungen im Bildungssystem informiert. Im Gegensatz zu anderen Verbänden empfindet der Realschullehrerverband das Ergebnis für die Realschulen als katastrophal (siehe auch die Pressemitteilungen und den „Offenen Brief“ des RLV und des VDR). Das Ergebnis hat aus unserer Sicht für die Realschulen nur Nachteile und trägt eindeutig die „Handschrift“ der Grünen. Alle Gespräche über die Möglichkeit zu Verbundschulen wurden vom RLV unter dem Vorbehalt einer nahenden Verbindlichkeit geführt. Niemals war die Rede davon, dass es diese gar nicht gibt. Ohne die Verbindlichkeit werden die Verbünde zu Bürokratiemonstern, die von unseren Schulleitungen zu verwalten sind!    

Dennoch wird in der Öffentlichkeit behauptet, dass man eine verbindliche Grundschulempfehlung durchgesetzt hätte. Das ist eine Unverfrorenheit! Die Sorge davor, dass die Gymnasien überlaufen, hat hier wohl eher die Entscheidung diktiert. Mit den Kindern hat das zunächst gar nichts zu tun. Das fatale Zeichen, das an die Eltern, Schüler und Lehrkräfte im Land geht, heißt: Für das Gymnasium braucht ein Kind ein bestimmtes Potenzial, alle anderen Schularten, kann man sich beliebig auswählen. Dabei hatte die Realschule schon immer eine ihr eigene Methodik und Didaktik beim Erarbeiten der Inhalte bis zum Realschullabschluss nach der 10. Klasse. Das hat sie erfolgreich gemacht!

Im Prinzip fehlt nur eine kleine Korrektur des Konzepts, um das Gleichgewicht herzustellen: Die 2 aus 3 Regelung gilt für alle Schularten und bei Dissens mit dem Elternwillen gibt es einen entsprechenden Potenzialtest nicht nur am Gymnasium, sondern entsprechend auch an der Realschule. Kein Hexenwerk, völlig unkompliziert, kostenneutral und logisch. Glasklar sprechen lediglich ideologische Gründe dagegen.

Auch Verbünde von Haupt- und Realschulen brauchen eine Verbindlichkeit als Grundlage. Ohne Verbindlichkeit wird sich die Situation weder an Realschulen noch an Hauptschulen noch in den Verbünden ändern. Die Schulleitungen entlässt man jetzt in ein Organisationschaos.

Es entbehrt nicht eines gewissen, aber sehr schwarzen Humors, wenn man den Realschullehrerverband, der seit 13 Jahren davor warnt, dass mit fehlender Verbindlichkeit die Haupt- und Werkrealschulen sterben werden, im Ministerium darauf hinweist, dass es nun leider nicht mehr genügend Haupt- und Werkrealschulen im Land gäbe.

Immerhin sind es aber noch über 229, die mit ihrer besonderen Methodik und Didaktik die Schüler im eher praktischen Bereich und in ihrem Tempo fördern und damit wertvolle Arbeit leisten. Es wäre kontraproduktiv diese zwingend in Schulverbände zu drängen. Mit einer verbindlichen Grundschulempfehlung würden die Schülerzahlen an Haupt- und Werkrealschulen selbstverständlich wieder anwachsen. Ebenso wäre es möglich an Realschulen, ohne Hauptschule in der Nähe, unabhängige Hauptschulzüge einzuführen. Die Bereitschaft bei uns Realschulen ist da, der politische Wille nicht.

Ganz am Rande erwähnt haben alle Gemeinschaftsschulen, die zum Teil (Schülerzahlen betrachtet) vor sich hindümpeln, einen G-Zug (Hauptschulzug) im System. Doch die Gemeinschaftsschulen werden nicht angerührt. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt? Nochmal: Das Aussparen der Verbindlichkeit für Realschulen ist nicht logisch, sondern nur ideologisch begründbar.

Auf der einen Seite gibt es in Zukunft das Gymnasium und auf der anderen Seite eine vereinheitlichte Sekundarstufe, auf die alle anderen Kinder gehen, die das Gymnasium nicht schaffen. Das ist defacto die Implementierung eines zweigliedrigen Schulsystems in Baden-Württemberg. Es werden, wie in anderen Ländern auch, Privatschulen Aufwind bekommen, in denen die Eltern die Wünsche für ihr Kind über den Geldbeutel regeln können. Der Fachkräftemangel wird weiterhin ansteigen, die Qualität der Ausbildung sinken. Gerade in nichtakademisch hoch qualifizierten Berufen wird der Mangel eklatant sein. Fehlt die Realschule, leidet der Mittelstand. Wenn man ein stabiles Bildungssystem und Wohlstand zerstören will, fängt man in der Mitte an.

Sicher, es gibt auch Verbundschulen, bei denen das gut funktionieren könnte. Wir machen aber immer wieder darauf aufmerksam, dass auch Verbundschulen auf eine Verbindlichkeit der Empfehlung und Übergänge nach Leistung basieren müssen. Es ist inzwischen eine Binsenweisheit, dass Eltern die Schulen nach völlig anderen Kriterien wählen und in der Regel den höheren Bildungsweg für ihre Kinder wollen. Ebenso gehört es aber auch zur Wahrheit, dass Eltern, die ihr Kind auf eine Realschule schicken, das Realschulniveau dort auch erwarten dürfen. Mit solchen Eltern reden wir täglich, medial werden sie nie erwähnt. Es gilt die Verbindlichkeit auch für die Realschule herzustellen, nur so kann die Abschaffung der Realschule in Baden-Württemberg verhindert werden.

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Personalratswahlen beendet

Von RLV-BW

Am 3. Mai 2024 ging die Personalratswahl zu Ende. Der RLV konnte, wie bei der Wahl 2019, erneut einen deutlichen Zuwachs an Stimmen verzeichnen. Nach den vorläufigen Endergebnissen konnten die bisherigen Sitze größtenteils erfolgreich gehalten werden. Erfreulich ist, dass der RLV künftig in weiteren Gremien vertreten sein wird (u.a. ÖPR im SSA Rastatt). Beim ÖPR am Staatlichen Schulamt Pforzheim konnte die Zahl der Sitze verdoppelt werden.

Der RLV trat bei den Wahlen zum Hauptpersonalrat und den Wahlen zu den Bezirkspersonalräten in allen vier Regierungspräsidien an. Ebenso war der RLV bei den meisten Wahlen zum örtlichen Personalrat an den Staatlichen Schulämtern mit eigenen Listen vertreten.

Herzlichen Dank an alle Kandidatinnen und Kandidaten, die sich für den RLV haben aufstellen lassen!

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Netzwerktreffen Ökonomische Bildung Baden-Württemberg

Von RLV-BW

Netzwerktreffen Ökonomische Bildung Baden-Württemberg am 12.03.2024 in Stuttgart

Hier treffen sich Akteure aus Schule und Wirtschaft zum Austausch. Das Ziel ist, ökonomische Bildung an Schulen zu initiieren und nachhaltig zu gestalten.

'Vernetzt' hat sich der RLV unter anderem sehr gerne mit Johannes Schmalzl, Vorsitzender des Vorstands der Würth-Stiftung.

Die Würth-Stiftung richtete 2005 das 'Kompetenzzentrum Ökonomische Bildung Baden-Württemberg' unter dem Dach der Stiftung ein, dessen Ziel es ist, Schulen näher an Wirtschaftsthemen heranzuführen.

Das Kompetenzzentrum vergibt jährlich den Würth Bildungspreis für weiterführende allgemeinbildende Schulen und den Landespreis für Absolventen der Werkrealschulen und organisiert die "Handwerkstatt" als Maßnahme zur beruflichen Orientierung für Schüler.

Ein Führungskräftesymposium ist Plattform zum Austausch für Führungskräfte aus Schule, Wirtschaft und Wissenschaft.

Die Fortbildung „Wirtschaftspraxisprogramm für Lehrkräfte“ bietet Lehrkräften die Möglichkeit, einen realen Einblick in wirtschaftliche Abläufe zu bekommen: Gerade für Realschullehrkräfte ein äußerst interessantes Angebot, was noch zu wenig genutzt wird, wie der RLV und auch Johannes Schmalzl finden.

Ein Treffen zur weiteren Kooperation ist geplant!

Vielen Dank Verena von Hugo für das Foto!

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Gespräch mit der IHK

Von RLV-BW

„Bildungsqualität – was können wir tun?“ Gespräch am Montag, 4. März 2024 in der Industrie- und Handelskammer Ulm (IHK Ulm) Präsidiumszimmer. Die IHK Ulm vertritt 39.000 Mitgliedsbetriebe in der Region.

Die Hautgeschäftsführerin der IHK-Ulm, Petra Engstler-Karrasch, hatte dazu eingeladen, sich in kleinem Kreis über Bildungsqualität an den Schulen und in der Ausbildung auzutauschen.

Der Realschullehrerverband führt regelmäßig Gespräche mit der IHK (vor allem mit der sehr aktiven IHK-Ulm). Schließlich sind unsere Realschüler wichtige zukünftige Faktoren für die Wirtschaftskraft Baden-Württembergs. Das Erfolgsmodell Realschule ist, aber vor allem war, der Garant für eine hohe Qualifikation auch im nichtakademischen Bereich.

Aber die Probleme sind offensichtlich: Seit Abschaffung der verbindlichen Grundschulempfehlung 2012 und der darauffolgenden Nivellierung der Schularten schneidet Baden-Württemberg in allen Bildungsstudien und Ländervergleichen zunehmend schlecht ab. Wirtschaftsunternehmen sind unzufrieden mit dem Niveau der Auszubildenden, vermehrt werden Ausbildungen abgebrochen. Der eklatante Fachkräftemangel im Land muss alle aufschrecken, denn die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen in Baden-Württemberg beruht vor allem auf qualifiziertem Fachpersonal und einer ausreichenden Verfügbarkeit von Fachkräften auf ALLEN Qualifikationsstufen.

Der Realschullehrerverband wird nicht müde, darauf hinzuweisen, dass unterschiedliche Kinder unterschiedliche Schularten in einem leistungsstarken Schulsystem brauchen, was stets durchlässig bleibt. Der Unterschiedlichkeit und Vielfalt von Kindern durch Unterschiedlichkeit und Vielfalt der Schulen gerecht zu werden, bedeutet Bildungsgerechtigkeit und schafft Bildungsqualität.

Der Austausch heute war sehr gewinnbringend. Schule und Wirtschaft sollten deutlicher gemeinsam agieren. Die Ideen, genau das zu intensivieren, verfolgen alle Beteiligten gerne weiter!

Foto von links: Martina Doleghs (Mitglied der Geschäftsleitung Bildung IHK Ulm), Frank Stumm (Leiter Aus- und Weiterbildung IHK Ulm), Achim Schwarz (Schulamtsdirektor Biberach), Gabriele Finkbeiner (Vizepräsidentin IHK Ulm), Christoph Ulrich (Vizepräsident IHK Ulm), Dieter Barth (Vorsitzender des Berufsbildungsausschusses), Dr. Karin Broszat (Landesvorsitzende RLV), Petra Hengstler-Karrasch (Hauptgeschäftsführerin IHK Ulm)

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